Polen und Dresde

Marcella Sembrich-Kochanska

 

 

Marcella Sembrich-Kochańska, eigentlich Prakseda Marcelina Kochanska, wurde am 15 Februar 1858 in Wisniowszczyk in polnischen Galizien geboren. Sie war die wichtigste polnische Sopransängerin des XIX Jahrhunderts. Im Alter von vier Jahren bekam sie Piano-, danach Geigeunterricht. Der erste Lehrer der jungen Marcelina war ihr Vater. Mit 11 Jahren ist sie auf das Konservatorium in Lemberg gegangen. Ihr Lehrer war dort ihr späterer Ehemann Wilhelm Stengel. Ihre Kindheit war nicht sorgenlos. Um das Familienbudget zu verbessern, musste sie abends nach der Schule Noten abschreiben, was ihr spätere Probleme mit den Augen gebracht hat.

 

Im Alter von 16 Jahren ist sie nach Wien zur Weiterbildung gefahren. Ihr Treffen mit Franz List wurde zum Durchbruch. Er sollte gesagt haben: „Mein kleiner Engel, der Gott hat drei Flügelpaare gegeben, mit denen du durch das Land der Musik fliegen wirst. Sie alle sind gleich wichtig, gebe sie nicht auf, aber singe, singe für die Welt, denn du hast die Stimme eines Engels“. Marcelina wurde Sopranistin. Im Alter von 19 Jahren hatte sie in der Oper in Athen als Elvira in „Die Puritaner von Schottland ” von Bellini ihr Debüt.

Ein Jahr später, 1878, sang sie zum ersten Mal in der sächsischen Hofoper in Dresden in der Titelpartie von „Lucia de Lammermoor“ von Dionizetti. Nach diesem Auftritt begann ihre Weltkarriere. Mit der Hofoper unterschieb sie ihren ersten festen Arbeitsvertrag. Nach der Vertragsunterzeichnung hat sie eine Wohnung an der Ostra-Allee 11, gleich hinter der Zwingermauer gemietet. Ihre Bühnenkarriere in Dresden beendete sie am 11 April 1880. Einladungen für ihre Konzerte bekam auch Józef Ignacy Kraszewski, der sich am 8 April 1889 wie folgt bedankte: Ich küsse Ihre Hände für die Eintrittskarte und die Fotographie, die ich als wertvolle Erinnerung behalten werde. Nehmen Sie bitte auch meine, damit sie Sie an einen der vielen Bewunderer Ihres ausgezeichneten Talents erinnert.  Hochachtungsvoll, dankbarer Diener J.I. Kraszewski“. Ihre spätere Einstellung in Russland brachte sie zu Reichtum. Im Osten Dresdens, an der Canalettostrasse 8 entstand „Villa Marcella“. Marcella hat zwei Söhne Wilhelm und Marceli geboren.

Im Jahre 1879 wurde sie im Mailänder Teatro da Verme und ein Jahr später in Londoner Opera Covent Garden bejubelt, wo sie ein vierjähriges Engagement bekam. Sie tritt in Warschau, Petersburg, Madrid auf und am 24 Oktober hatte sie ein Debüt in der New Yorker Metropolitan Opera, wo sie in den Jahren 1898-1909 ständige Solistin war. 1917 beendete sie ihre Konzertauftritte und widmete sich der pädagogischen Arbeit an der New York Juilliard School of Music, dem Curtis-Musikinstitut in Philadelphia und im eigenen Studio in Bolton Landing.

Marcella Sembrich-Kochańska starb am 11 Januar 1935 in New York. Ihr Sohn Wilhelm begrub seine Eltern im Grab der Familie Stengel auf dem  Johannisfriedhof in Dresden.

„Ihr Gesang wurde zur größten vokalen Meisterschaft. So wie sie mussten die großen italienischen Virtuosen des XVII Jahrhundert gesungen haben, von denen die Geschichte schreibt, dass zu deren Füssen die Fürsten vor Bewunderung knieten, und die Städte mit Gewalt das Recht zum Zuhören deren Gesanges eroberten“

Dr. Józef Reiss.